Künstliche Gesteine aus Makroplastik bedrohen Gesundheit der Meere

Plastikmüll stellt an hiesigen Stränden ein Problem dar. Deshalb wird er weitestgehend koordiniert und binnen weniger Wochen entfernt. An anderen Küsten der Welt lagert er durch ungeregelte Abfallentsorgung über viele Monate bis Jahre. Oftmals wird der Müll am Strand einfach verbrannt und eine besondere Form des Plastikmülls entsteht: sogenanntes Plastiglomerat. Dieses „Gestein“ besteht aus natürlichen Komponenten, wie Korallen-Bruchstücken, die durch das geschmolzene und wieder erstarrte Plastik zusammengehalten werden. Eine neue Untersuchung eines deutsch-indonesischen Forschungsteams der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat nun anhand von Feldproben aus Indonesien nachgewiesen, dass von derartigen Gesteinen ein erhöhtes Umweltrisiko für Küstenökosysteme wie Seegraswiesen, Mangroven oder Korallenriffe ausgeht. Der geschmolzene Kunststoff zerfällt schneller zu Mikroplastik und ist zusätzlich mit organischen Schadstoffen belastet. [...]

Neue Erkenntnisse durch internationale Zusammenarbeit

Wenn Plastikmüll am Strand verbrannt wird, entsteht durch den Schmelz- und Verbrennungsprozess das Plastiglomerat-„Gestein“, in dessen Plastikmatrix die Kohlenstoffketten angegriffen sind. Dieser chemisch degradierte Kunststoff verwittert durch die Einwirkung von Wind, Wellen und Sedimentkörnern am Strand schneller zu Mikroplastik. Durch den unvollständigen Verbrennungsprozess werden aus dem Plastik neue umweltschädliche Stoffe freigesetzt, die sich zuerst auf dem Plastik absetzen und anschließend in die Umwelt abgegeben werden. Diese Kontaminationen haben oftmals eine höhere ökotoxikologische Relevanz als das Ausgangsplastik, sind potentiell bioverfügbar und können somit in die Nahrungskette eingeführt und angereichert werden.

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Chemische Untersuchungen zu Schadstoffen im Kieler Labor

Die Forschenden unterschieden die Proben der Plastiglomerate zunächst nach optischen Kriterien in weniger stark sowie stärker angeschmolzene oder verbrannte Proben und extrahierten flüchtige Schadstoffe mit Hilfe von Lösungsmitteln. Diese Analysen, die in der Arbeitsgruppe für Organische Geochemie von Professor Lorenz Schwark am Institut für Geowissenschaften durchgeführt wurden, ergaben so beispielsweise die Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und Phthalaten, die als Weichmacher für Kunststoffe verwendet werden. Beiden Stoffklassen sprechen Fachleute ein hohes Potential für die Erzeugung von Krebs zu.

Mit physikochemischen Methoden und Abgleich mit Datenbanken haben die Forschenden zudem die Art der Polymere wie Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE) oder deren Gemische charakterisiert. Über Messungen mittels Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie (FTIR) in der Arbeitsgruppe von Professor Gernot Friedrichs am Institut für Physikalische Chemie der CAU konnten sie auch den Grad der Verwitterung untersuchen. Ergebnis: Bereiche, die schon optisch sichtbar stärker dem Verbrennungsprozess ausgesetzt waren, zeigten auch einen größeren Grad an Verwitterung und Oxidation.

Zahlreiche Auswirkungen auf Küstenökosysteme vermutet

In Zukunft werden zahlreiche Küstenökosysteme der tropischen Gewässer vor Indonesien als auch weltweit von Plastiglomeraten betroffen sein. Studien zeigen bereits, dass organische Schadstoffe auch auf Korallen oder andere Meeresorganismen übertragen werden und sich damit negativ auf die Gesundheit der Meere auswirken können. Weitere Untersuchungen beschäftigen sich deshalb auch mit anderen Ökosystemen wie Seegraswiesen, Mangroven oder mit im Sediment lebenden Organismen. [...]

(PM CAU Kiel, gek.)

Den vollständigen Artikel finden Sie unter uni-kiel.de

Originalpublikation:

Utami, D. A., Reuning, L., Schwark, L., Friedrichs, G. et al. Plastiglomerates from uncontrolled burning of plastic waste on Indonesian beaches contain high contents of organic pollutants. Sci Rep 13, 10383 (2023). Link


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